Ein Kunde & Auftrag der sehr besonderen Art:
Treffen des IPC in Berlin
Es gibt im Leben einer Dolmetscherin nicht wirklich viele Aufträge und Kunden, die man niemals vergessen wird. Über eines dieser seltenen Erlebnisse möchte ich hier nun kurz berichten:
Im August bekam unser Dolmetscherbüro in Berlin den Auftrag, ein DolmetscherInnenteam für ein dreitägiges Treffen des Internationalen Paralympischen Komitees (IPC) in Berlin zu organisieren. Es wurden sechs Arbeitssprachen angefragt, das Team bestand also aus 10 DolmetscherInnen.
Meine Ansprechpartnerin beim IPC war mir von Anfang an hoch sympathisch; bei unserem ersten Videocall verfestigte sich dieser Eindruck, und unsere Zusammenarbeit entwickelte sich in eine professionelle und gleichzeitig außergewöhnlich warmherzige Richtung. Meine Ansprechpartnerin zeigte sich von der ersten Minute an interessiert an unseren Bedürfnissen, und bei jedem der vielen Calls, die noch folgen sollten, lag der Schwerpunkt immer auf der Frage: Was brauchen die DolmetscherInnen, um ungestört, fokussiert und professionell dolmetschen zu können? Es ging dann um Details rund um das Simultandolmetschen wie: Wo müssen die Kabinen im Raum stehen? Was müssen die DolmetscherInnen sehen? Sind große Bildschirme wichtig? Wie kann der Livestream am besten organisiert werden, damit die DolmetscherInnen jederzeit gut hören? Welche Verpflegung brauchen sie? Welche Pausen sind notwendig? Wie lange müssen diese sein? Und vieles mehr…
Eine solche Einstellung war außergewöhnlich, und es dämmerte mir nach einiger Zeit, dass der Grund dafür wahrscheinlich das Arbeitsumfeld des IPC war: Man hat es mit behinderten AthlethInnen zu tun, die alle ganz spezifische Geschichten und Bedürfnisse haben, die erfüllt werden müssen und die eine zuvorkommende und fürsorgliche Art nicht nur erfordern, sondern auch befördern. Diese Herangehensweise spiegelte sich auch im Kommunikationsverhalten meiner Kundin wider, und es war wahrhaftig eine Freude, die vielen Dinge im Vorfeld dieser sehr bedeutsamen Veranstaltung in einer solchen Atmosphäre durchzusprechen und zu klären.
Mitte November war es dann soweit. Als ich morgens in das barrierefreieste Hotel Berlins kam, war der Saal bereits perfekt eingerichtet und alles aufgebaut.
Die Veranstaltung mit über 300 Teilnehmenden aus aller Welt lief aus unterschiedlichen Gründen, die beim besten Willen nicht vorhersehbar waren, nicht ganz nach Plan; aber auch hier: Die positive, fachkundige und fürsorgliche Atmosphäre vor Ort führte dazu, dass unser gesamtes Team mitzog und an einem Tag sogar vier Stunden länger als vereinbart dolmetschte.
Am Ende der Veranstaltung, die anstrengend aber auch belohnend war, bekamen die DolmetscherInnen lange Ovationen und das Feedback, dass einige Teilnehmenden aufgrund der (guten) Verdolmetschung endlich dem Meeting folgen konnten. Anschließend machte der vom IPC beauftragte Fotograf ein Foto von uns auf der Bühne.
Credit: IPC/Ralf Kuckuck
Und nachdem die Veranstaltung längst vorbei war und alle sich bereits erholt hatten, schrieb uns der Präsident des IPC einen persönlichen Dankesbrief. So etwas habe ich in meiner 25-jähringen Laufbahn noch nie erlebt oder bekommen.
Wir wurden von meiner Kundin als Mitglieder in die Paralympische Familie (Filmtipp: „Rising Phoenix“ auf Netflix!) aufgenommen – auch nach so vielen Jahren kann man noch Mitglied in einer neuen Familie werden. Wie wunderbar!
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